Nehrings Aufschlag

Giftiger Kündigungsschutz

Egal, wie die Gründe liegen: Alarmstufe Rot in Personalabteilungen, wenn die Trennung von einem Mitarbeiter vorbereitet werden soll! Denn jeder Fehler kann teuer werden, Anwälte werden aktiv, Auskunftsverfahren werden eingeleitet und niemand weiß vorherzusagen, welche Gestalt der Trennungsprozess annehmen wird. Ursprünglich beabsichtigte das Arbeitsrecht, den einzelnen Arbeitnehmer vor willkürlichen Entscheidungen zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zu schützen, zu schwerwiegend sind die Konsequenzen für ihn selbst, aber natürlich auch für die Angehörigen. Ist das gelungen? Eindeutig „Ja“ – siehe Alarmstufe Rot, von Willkür kann jedenfalls keine Rede mehr sein.

In der Fischerei gibt es den Begriff des „Beifangs“ – alles das, was man sich jenseits des Fangziels noch so einfängt. Da kommt beim KSchG einiges zusammen. Das gilt übrigens für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer gleichermaßen, auch wenn der Beifang unterschiedlich ist. „Ich will Dich nicht mehr“, sagt der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer versteht das auch so. Das ist hart. Zieht sich der Trennungsprozess in die Länge, was nicht selten vorkommt, dauert die Härte an. Dann doch lieber ein Ende mit Schrecken.

Noch mehr besorgt mich die Kultur des Miteinander im Unternehmen. Denn die Trennung hat meist einen langwierigen Vorlauf, in dem sich die Personalakte zur Giftakte wandelt. Erst wird ein Mitarbeiter auffällig, darüber wird geredet, dann wird immer genauer hingeschaut, weitere Auffälligkeiten werden dokumentiert, irgendwann abgemahnt und letztlich erfolgt erst dann der eigentliche Trennungsprozess. Das bekommt der Mitarbeiter von Anfang an mit, meist auch die Kollegen. Toxisch für alle. Ist es da ein Wunder, dass in der Kantine alle miteinander reden, nur niemand mit den Personalern?

Bei Abmahnung folgen zwei weitere unerwünschte Aspekte: Sie droht dem Mitarbeiter mit Kündigung und es wird die Schuldfrage gestellt. Der Mitarbeiter sitzt also auf der Anklagebank. Die Drohung hebelt die Sinnhaftigkeit einer erwünschten Verhaltensänderung aus. So kann man Kinder erziehen, es ist aber wenig erwachsen.

Und die Probezeit? Hier stellt der Kündigungsschutz eine hohe Hürde dar. In letzter Konsequenz bedeutet sie nämlich, nur bei klarem, positiven Urteil in sozialer und leistender Hinsicht sollte der Arbeitnehmer übernommen werden. Egal, ob ein Mensch sich schneller oder langsamer an die neue Umgebung und die Aufgabe anpassen kann.

Das KSchG schützt den Einzelnen vor Willkür, aber nicht vor Trennung. Für den Mitarbeiter ist meist die Kündigung so toxisch, dass er einem Vergleich am Ende zustimmt. Bis dahin ist viel Aufwand betrieben und schlechte Laune verbreitet worden und es sind so hohe Kosten entstanden, dass offensichtlich der Beifang schwerer wiegt als das Fangziel.

Insofern sollten wir das KSchG ergänzen um die Möglichkeit „Faire Trennung gegen Geld“, ohne dem Arbeitnehmer das Recht zu nehmen, um den Erhalt seiner Arbeitsstelle zu kämpfen, wenn er dort wirklich noch arbeiten will – nicht so wie heute, wo meist auf Wiedereinstellung geklagt wird, um eine Abfindung zu erhalten. Wenn das gelänge, würde der Unternehmenskultur viel Gift entzogen.


Credit

Autor: Christoph Nehring, Gründer & Gesellschafter HAPEKO

Foto: westend61

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