(Autor: Moritz Kudermann, erschienen in FAZ.NET, 9.11.2023)
Erst studierte er Jura, dann ließ er sich zum Metzger ausbilden, produzierte Musik, moderierte im Fernsehen und im Radio. Heute hat er eine eigene Filmproduktion und ist durch seine TV-Shows bundesweit bekannt. Wenn man eines über Stefan Raab sagen kann, dann wohl, dass der Entertainer Job und - zumindest am Anfang seiner Karriere - Arbeitgeber gerne sprunghaft gewechselt hat. Als Selbstständiger mit hohen Summen auf dem Konto genießt Raab das Privileg, dass er das einfach so machen kann. Anders als viele Angestellte hierzulande, die sich lieber in Sicherheit wiegen - aus Angst, als Jobhopper verschrien zu sein.

Eine aktuelle Umfrage der Beratung Ernst & Young ergab, dass einerseits 63 Prozent der Befragten an einem Arbeitgeberwechsel interessiert sind. Doch andererseits sehen sich 59 Prozent der Befragten in fünf Jahren noch beim gleichen Arbeitgeber wie heute. Obwohl viele mit einem Wechsel liebäugeln, bleiben sie am Ende also doch bei ihrem Arbeitgeber. Gerade diejenigen, die schon mehrfach das Unternehmen gewechselt haben, haben womöglich Sorge davor, das noch einmal zu tun. Denn man könnte ja als sprunghaft oder illoyal gelten.

Der Gedanke ist naheliegend. Würde Raab sich mit seinem Lebenslauf im Mittelstand auf einen Posten bewerben, würden Personalmanager womöglich die Stirn runzeln. „Wenn jemand regelrecht von Job zu Job springt, wirft das bei uns kritische Fragen zu dieser Person auf“, sagt Arne Kaiser, Geschäftsführer der Personalberatung Hapeko. Im Personalwesen nennt man solche Arbeitskräfte Jobhopper. Doch nicht jeder, der regelmäßig das Unternehmen wechselt, ist gleich ein sprunghafter Dauer-Wechsler. Vor allem die Branche beeinflusst, wie häufige Arbeitgeberwechsel beurteilt werden, sagt Kaiser: „Der IT-ler aus dem Software-Start-up, der alle anderthalb Jahre einen neuen Arbeitgeber hat, ist nicht gleich ein Jobhopper." Denn die Branche ist schnelllebig, Wechsel kommen häufig vor. Ein Ingenieur beim schwäbischen Schraubenhersteller dagegen hat es mit einer sprunghaften Vergangenheit schon schwerer. Denn gerade mittelständische Unternehmen möchten Arbeitskräfte langfristig halten. Die Sorge: „Sobald jemand hoppt, fasst er nicht mehr Fuß im Unternehmen."

Wechsel sollte durchdacht sein

Dabei spricht grundsätzlich nichts dagegen, hin und wieder das Unternehmen zu wechseln - ganz im Gegenteil. Einige Arbeitnehmende entwickeln im Laufe ihrer Karriere andere Interessen oder suchen neue berufliche Erfahrungen. Manche fühlen sich nicht wertgeschätzt oder möchten mehr Gehalt. Und wieder andere wollen eine neue Stadt kennenlernen und bei einem neuen Arbeitgeber Anschluss finden. Es gibt also diverse Gründe für einen Stellenwechsel, sagt auch Karrierecoach Lisa Eckhardt. Sie hat vor ihrer Beratertätigkeit mehrere Jahre als Recruiterin für ein internationales Technologieunternehmen gearbeitet und kennt daher beide Seiten: die der Arbeitnehmenden und die der Personalmanager. „Strategische Wechsel können sich monetär auszahlen", sagt Eckhardt.

Denn wer regelmäßig die Stelle wechselt, eignet sich ihr zufolge schnell neue Fähigkeiten an und kann dadurch seine Karriere beschleunigen. Die Forschung nennt das übrigens „Bold Moves", also gewagte Karriereschritte. Das wirkt sich auch auf das Gehalt aus: Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey sind bei einem Stellenwechsel bis zu 30 Prozent Gehaltsplus drin. Auch aus der Erfahrung der Karriereberaterin sind 20 Prozent oder mehr bei einem Wechsel nicht ungewöhnlich. Gleichzeitig warnt sie davor, unüberlegt und ohne klare Strategie zu wechseln. Kommt so etwas zu oft vor, kann das für Personalmanager eine „Red Flag" sein, also ein Warnzeichen. Dann ist die Sorge groß, dass das Unternehmen für die neue Arbeitskraft auch nur eine kurze Station ist - und sich eine Einarbeitung womöglich gar nicht lohnt.

Das richtige Maß finden

Während strategische Wechsel die eigene Karriere vorantreiben können, sollte man deren Anzahl also nicht auf die Spitze treiben. Einen konkreten Punkt, ab wann es zu viel hin und her ist, gibt es wie so oft nicht - es kommt dafür auf andere Faktoren an. Für die ehemalige Recruiterin Eckhardt etwa sind Arbeitgebersprünge im Lebenslauf nur dann dramatisch, wenn man keine längeren Stationen vorweisen kann. Denn solche Stationen zeigen, dass man durchaus bereit ist, länger in einem Unternehmen zu bleiben und nicht beim kleinsten Gegenwind wechselt.

Für Hapeko-Geschäftsführer Kaiser gilt folgende Regel: „Sie müssen Ihre Wechsel glaubhaft erklären können." Wer jährlich von Unternehmen zu Unternehmen springt und das jedes Mal damit begründet, dass das Problem bei den anderen lag, der wirkt nicht glaubhaft. Wer hingegen auch mal die Schuld bei sich selbst sucht, wirkt deutlich nahbarer auf Personalfachleute. Stellenwechsler sollten sich nicht schämen, wenn sie für ein höheres Gehalt oder bessere Aufstiegschancen gewechselt sind - laut Kaiser stellt kein Personalmanager in Frage, dass das eigene Vorankommen wichtig ist. Wer aber immer aus demselben Grund hin und her wechselt, verbaut sich womöglich leitende Positionen: "Gerade Führungskräfte müssen das Unternehmen glaubhaft vertreten können", erklärt Kaiser. Wer aber vorher schon bei drei Branchenkonkurrenten war, sorgt für das genaue Gegenteil.

Für einen Wechsel sollte es daher immer gute Gründe geben. Wer sich nicht sicher ist, ob diese schon gegeben sind, kann sich folgende Fragen stellen: Bin ich grundlegend unzufrieden oder ist es gerade einfach eine schwierige Phase? Suche ich wirklich neue Herausforderungen oder wünsche ich mir schlicht mehr Geld? Verspricht man sich vom Wechsel wirklich Besserung? „Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite", sagt Karrierecoach Eckhardt. Sie empfiehlt, sich zuerst im eigenen Unternehmen nach neuen Möglichkeiten umzuschauen. Häufig sei dort viel mehr möglich als man denkt. Wer jedoch grundlegend unzufrieden ist, dem rät Eckhardt, nicht weiter in der Situation auszuharren, nur um einen besonders treuen Lebenslauf vorweisen zu können.

Jobhopper haben viel erlebt

Es ist zwar grundsätzlich besser, nicht als Jobhopper zu gelten. Doch für manche ist es schon zu spät, weil sie den Arbeitgeber schon viele Male gewechselt haben. Das macht die Sache komplizierter, ist aber kein Beinbruch. Dann besteht die Königsdisziplin darin, den sprunghaften Lebenslauf nicht zu verteidigen, sondern für sich zu nutzen. Immerhin haben Jobhopper schon viele Bereiche, Branchen und Strukturen erlebt. Das kann im richtigen Unternehmen Gold wert sein, vor allem in Branchen, die sich schnell transformieren müssen. „In solchen Fällen braucht es schnelle Veränderung, und ein Jobhopper kann einen großen Mehrwert bieten", sagt Personalexperte Kaiser.

Denn alteingesessene Mitarbeitende sind gerade durch ihre Unternehmenstreue oft blind für bestehende Probleme. Und diese lassen sich mit einem unvoreingenommenen Blick deutlich schneller erkennen und lösen. Ein weiteres Pfund in der Waagschale der Jobwechsler: Regelmäßige Wechsel erfordern Mut, denn sie gehen immer mit einem Risiko einher. Manche Unternehmen belohnen das: „In schnelllebigen Umfeldern wie etwa Start-ups schätzt man Personen mit so einem Werdegang", sagt Karrierecoach Eckhardt. Wem das nötige Selbstbewusstsein fehlt, die Stellenwechsel offensiv zu argumentieren, kann sich ruhig etwas bei Stefan Raab abschauen. Denn für seine Zurückhaltung war der Entertainer noch nie bekannt.

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Erschienen in FAZ.NET am 9.11.2023

Autor: Moritz Kudermann

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